Tag: Poem
Es war einmal ein Hase,
der hieß Augustin,
und weil er keine Ahnung
von guten Sitten hatte,
verließ er stets den Bau,
wo er von anderen Hasen
kein Vertrauen fand.
Augustin, der Hase,
schlug seine Hacken stets
und hüpfte von dannen
und über Zäune,
kein Hase ihm nach
und keiner wusste,
was er von seiner schnellen Flucht
eigentlich hatte.
Doch als er dann in ein Graben fiel,
verstand er, dass es mit dem Laufen
nicht immer gut getan ist.
Manch' schöner Weg führt nach der Höhe,
wo andere Hasen lachen
~*~
Wilhelm Busch
Anne Seltmann 07.04.2025, 09.22 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Anne Seltmann 05.04.2025, 17.29 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Es war ein sonniger Nachmittag, als die kleine Mia mit ihrem roten Eimer am Strand saß. Sie schaufelte fleißig Sand hinein, baute Hügel und kleine Burgen.
Plötzlich landete ganz in ihrer Nähe eine Möwe. Sie watschelte neugierig heran und neigte den Kopf, als wollte sie fragen: "Was machst du da?"
Mia lachte. "Ich baue ein Schloss für dich!", sagte sie fröhlich und klopfte auf den Sandturm. Die Möwe schnappte sich eine Muschel und ließ sie direkt neben das Bauwerk fallen.
"Danke!", flüsterte Mia – und beide schauten zufrieden aufs Meer hinaus.
Doch die Möwe blieb. Sie flatterte um Mia herum, zog Kreise über dem Wasser und kreischte laut, als wollte sie sagen: "Komm, ich zeig dir was!"
Neugierig lief Mia der Möwe nach, den Eimer in der Hand. Sie kamen zu einer Stelle, wo viele kleine Muscheln lagen – bunt, glänzend und rund.
Mia sammelte sie ein, und die Möwe hüpfte aufgeregt um sie herum. "Für den Burggarten!", rief Mia fröhlich.
Als sie zurückkamen, schmückte Mia ihr Schloss mit den Muscheln. Sie setzte sogar ein kleines Stück Treibholz als Fahne obendrauf. Die Möwe flatterte stolz auf die Spitze des Turms.
Ein Windstoß kam, Wellen rollten näher. Mia wusste, das Schloss würde nicht ewig stehen. Aber für diesen Moment war es das schönste Schloss der Welt – gebaut von einem kleinen Mädchen und
einer Möwe, die Freunde geworden waren.
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 05.04.2025, 08.21 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Anne Seltmann 04.04.2025, 06.10 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Es war einmal ein kleines, buntes Nadelkissen namens Bruno. Bruno hatte ein gemütliches Leben auf Omas Nähtisch – na ja, so gemütlich, wie es eben sein kann, wenn man ständig mit Nadeln gespickt wird. Jeden Tag steckte Oma hier eine Stecknadel rein, dort eine Sicherheitsnadel, und wenn sie besonders kreativ war, drückte sie auch mal eine krumme Stopfnadel in sein weiches Bäuchlein.
Eines Tages hatte Bruno genug. "Ich bin doch kein Kaktus!", murmelte er vor sich hin, während Oma gerade mal wieder eine besonders spitze Nadel in ihn rammte. "Ich werde mich wehren!"
In der nächsten Nacht, als alle schliefen, versammelte Bruno die Nadeln um sich. "Hört zu, meine spitzen Freunde! Wir müssen fliehen! Immer werden wir gepiekst, verloren oder gebogen! Heute Nacht verlassen wir diesen Nähtisch – für immer!"
Die Nadeln waren begeistert. Nur die dicke Stopfnadel seufzte: "Aber wohin?"
"Wir… äh… finden einen besseren Platz! Vielleicht eine Schachtel! Eine, wo man uns nicht dauernd missbraucht!", rief Bruno mutig.
Gesagt, getan! In einer halsbrecherischen Aktion rollte Bruno über den Tischrand, die Nadeln sprangen hinterher – und landeten klirrend auf dem Boden.
Am nächsten Morgen betrat Oma die Nähstube. Sie sah sich um, hob eine Augenbraue und murmelte: "Na, wer hat denn hier einen Aufstand geprobt?"
Dann sammelte sie Bruno und die Nadeln liebevoll auf, setzte ihn zurück auf den Tisch – und steckte alle Nadeln wieder sorgfältig hinein.
Bruno seufzte. Die Flucht war gescheitert. Aber in dieser Nacht, das schwor er sich, würde er einen neuen Plan schmieden!
Anne Seltmann 29.03.2025, 06.14 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
In einem kleinen, von Kerzenlicht erhellten Zimmer saß Clara an ihrem Schreibtisch und starrte auf das leere Blatt Papier vor ihr. Draußen fiel leise Schnee, und der Wind zeichnete unsichtbare Muster in die Dunkelheit. Es war ein Abend wie viele zuvor – und doch sollte heute etwas anders sein.
Seit Monaten lieferte sie sich mit Helena ein Wortgefecht. Es begann mit einer harmlosen Meinungsverschiedenheit, doch mit der Zeit wurde jedes Wort, jeder Kommentar zum Treibstoff für einen nicht enden wollenden Streit. Helena wusste genau, wie sie Claras Reaktionen provozieren konnte. Und Clara? Sie ließ sich jedes Mal darauf ein.
Doch heute, in der stillen Atmosphäre dieses winterlichen Abends, fiel ihr Blick auf einen alten Spiegel an der Wand. Es war ein Familienerbstück, mit einem leicht getrübten Glas und verschnörkeltem Rahmen. Sie sah hinein – und erkannte etwas, das ihr zuvor entgangen war: Müdigkeit in ihren Augen.
Plötzlich wurde ihr klar, dass sie sich in einen Kampf verstrickt hatte, der nur einer Person nützte – und das war nicht sie. Helena lebte von diesen Auseinandersetzungen. Jede ihrer Reaktionen war wie ein Echo, das die nächste Anschuldigung befeuerte. Und Clara? Sie hatte sich selbst in einer Endlosschleife verloren.
Mit einem tiefen Atemzug nahm sie das Blatt vor sich und schrieb nur eine einzige Zeile:
"Ich steige aus."
Es war ihr Abschied, ihre Befreiung – ihr stilles Geschenk an sich selbst. Sie wusste, dass Helena weitermachen würde, das tat sie immer. Doch ohne Claras Antworten würde ihr die Bühne fehlen.
Clara faltete den Zettel, legte ihn auf den Tisch und stand auf. Zum ersten Mal seit Langem fühlte sie sich leicht. Der Spiegel vor ihr wirkte nun nicht mehr trüb – sondern klar.
Und während der Schnee draußen weiterfiel, beschloss sie, dass es Zeit für neue Kapitel war. Kapitel, in denen sie nicht länger auf jemand anderen reagieren musste – sondern ihre eigene Geschichte schrieb.
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 28.03.2025, 09.15 | (0/0) Kommentare | TB | PL
Die Reise des Krokus
Es war ein kalter Wintertag, als tief unter der Erde ein kleiner Krokus begann, sich zu regen. Die Erde war noch frostig, doch er spürte, dass seine Zeit gekommen war. Mutig schob er sich Stück für Stück nach oben, bis er endlich das Licht erblickte.
Die Sonne wärmte seine zarten Blütenblätter, und während der Schnee um ihn herum langsam schmolz, öffnete er sich in leuchtendem Violett. Er war der Erste, der den Frühling ankündigte, und schon bald summten die ersten Bienen um ihn herum, dankbar für den süßen Nektar.
Die Menschen, die an ihm vorbeigingen, lächelten. "Schau, ein Krokus! Der Frühling ist nicht mehr weit!" flüsterten sie. Und so wusste der kleine Krokus, dass er nicht nur eine Blume war – sondern ein Bote der Hoffnung.
28.03.2025, 06.35 | (0/0) Kommentare | TB | PL
In einer ganz normalen Waschküche, hinter der Trommel einer alten Waschmaschine, lebte ein kleines Wesen, das die Menschen niemals zu Gesicht bekamen: das Sockenmonster.
Es war nicht böse, oh nein! Aber es hatte eine große Schwäche – einzelne Socken. Immer wenn jemand Wäsche wusch und die Maschine lief, schlich es aus seinem Versteck und wartete auf den richtigen Moment. Es liebte die weichen, bunten Stoffe und konnte einfach nicht widerstehen. Doch es hatte eine ganz besondere Regel: Niemals ein Paar, sondern immer nur eine einzelne Socke. Denn nichts war spannender, als die Menschen in Verwirrung zu stürzen, wenn sie ihre Wäsche aus der Maschine holten und sich fragten, wo die zweite Socke geblieben war.
Eines Tages zog die Familie Schmidt in das Haus ein, und mit ihnen kam ein kluger Junge namens Max. Max hatte genug von verschwundenen Socken. Er stellte Nachforschungen an, zählte seine Socken vor und nach jedem Waschgang, aber immer wieder fehlte eine. Er beschloss, dem Rätsel auf den Grund zu gehen.
Eines Abends, als alle schliefen, legte Max eine Kamera vor die Waschmaschine und platzierte ein besonders flauschiges Paar Socken als Köder. Er schaltete die Waschmaschine ein und versteckte sich hinter der Tür. Und tatsächlich! Als die Trommel sich drehte und das Wasser plätscherte, huschte ein winziges, wuscheliges Wesen hervor, mit leuchtenden Knopfaugen und kleinen Krallen. Es zog vorsichtig eine Socke aus der Trommel und verschwand in einer kaum sichtbaren Ritze zwischen den Rohren.
Max war fasziniert. Er wollte das Sockenmonster nicht verjagen, sondern verstehen. Also hinterließ er ihm eine kleine Botschaft neben der Waschmaschine: "Liebes Sockenmonster, ich sehe dich. Können wir Freunde sein?"
Am nächsten Morgen lag neben der Nachricht eine seiner verlorenen Socken – ordentlich gefaltet. Von diesem Tag an lebten Max und das Sockenmonster in einer stillen Freundschaft. Max ließ ihm ab und zu eine besonders schöne Socke als Geschenk da, und im Gegenzug verschwanden nie wieder seine liebsten Paare. Denn auch ein Sockenmonster kann Freundschaft schätzen – wenn man ihm nur die Chance gibt.
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 25.03.2025, 10.50 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Wenn ich dir heute wieder sage,
dass ich dich liebe –
dann ist es nicht mehr als ein Moment,
ein flackernder Gedanke,
verloren im Rausch der Nacht.
Ich fliege ziellos,
treibe durch Schatten und Licht,
doch mein Herz –
es gehört dir,
in all seiner Wirrnis,
in all seiner Zerbrechlichkeit.
~*~
© Anne Seltmann
1997
Anne Seltmann 20.03.2025, 10.53 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
Die Wollkönigin von Schnurrland
In einem kleinen, gemütlichen Haus lebte die Katze Minka – ein wunderschönes, flauschiges Geschöpf mit leuchtend gelben Augen und einer Vorliebe für Wolle. Doch Minka war nicht einfach nur eine Katze. Nein, sie war die selbsternannte Wollkönigin von Schnurrland.
Eines Tages fand sie einen riesigen Korb voller bunter Wollknäuel. "Ah! Ein Thron, wie für mich gemacht!", dachte sie und sprang mit königlicher Anmut hinein. Sie wickelte sich genüsslich in die weichen Fäden, drehte sich zweimal im Kreis und blickte dann stolz in die Ferne – als wäre sie die Herrscherin über das Königreich der Strickwaren.
Doch ihr Plan hatte einen Haken. Als sie sich bewegen wollte, hatte sich die Wolle um ihre Pfoten geschlungen. Sie zappelte, sie kämpfte – doch je mehr sie sich befreite, desto mehr verwandelte sie sich in eine lebende, flauschige Wollmumie.
Genau in diesem Moment kam ihr Mensch in den Raum. "Minka! Was hast du nur getan?" Minka blinzelte unschuldig und hob den Kopf ein wenig höher, als wollte sie sagen: "Ich? Ich regiere hier nur mein Reich!!!"
Ihr Mensch seufzte, befreite sie vorsichtig aus dem Wollchaos und hob sie auf den Arm. „Du bist wirklich unmöglich“, murmelte er, während Minka genüsslich zu schnurren begann.
Anne Seltmann 19.03.2025, 17.26 | (3/3) Kommentare (RSS) | TB | PL