Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: Gedicht

Projekt: Ich seh rot 244/2025


[Hamburg/Schauspielhaus]





licht kippt.
haut aus staub, mund aus echo
die bühne atmet – zögernd, dann zu viel

eine stimme fällt
zwischen zwei sätzen.
niemand hebt sie auf

im publikum: augen, die nicht wissen
wem sie gehören

textfetzen wie nägel im holz,
schmerzhaft ordentlich
wer spielt hier wen

licht wieder an.
alles bleibt gestellt
niemand geht
niemand bleibt


~*~

© Anne Seltmann




 





Anne Seltmann 14.10.2025, 06.20 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Die langsame Stille der Einsamkeit







Es ist nicht die Stille selbst, die schwer zu ertragen ist. Es ist das, was in ihr lebt. Dieses kaum hörbare Wispern, das aus allem zu kommen scheint – aus der Uhr, die unregelmäßig atmet, aus dem Holz, das sich dehnt und wieder zusammenzieht, als suchte es nach einer Erinnerung an Wärme. Selbst das Licht scheint nach etwas zu greifen, das ihm entglitten ist.

Man sitzt da, hört dem Haus zu und spürt, dass alles um einen herum genauso einsam ist wie man selbst. Der Tisch, der Stuhl, die Schatten, selbst die Luft, die sich kaum bewegt. Nur das ferne Rauschen der Welt dringt noch herein – Stimmen, Schritte, das Leben der anderen, gedämpft, wie aus einer anderen Zeit.

Einsamkeit ist nicht das Fehlen von Menschen. Sie ist das Bewusstsein, dass selbst Nähe manchmal keine Brücke schlagen kann, wenn im Inneren Schweigen herrscht. Und vielleicht ist das der Moment, in dem man lernt, dieser Stille zuzuhören – nicht, weil sie Trost spendet, sondern weil sie endlich ehrlich ist.






[Frei erfundene Gedanken, welche nicht meinen Zustand widerspiegeln]





Anne Seltmann 10.10.2025, 07.44 | (4/3) Kommentare (RSS) | TB | PL

Mittwoch wird die Woche geteilt



[KI generiertes Bild / Text © Anne Seltmann]



als sie die woche teilte

war es kein schnitt

sondern ein atemzug

 

das schwert lag still

auf der grenze zwischen dienstag und vergessen

 

sie stand dort

wie licht, das sich nicht mehr erinnert

woher es kommt

 

die tage

zogen in reih und glied

durch ihren blick

  

sie ließ sie gehen

eins nach dem andern

ohne schmerz

nur ein leises klingen

wie von wasser, das sich trennt

 

am ende blieb

eine halbe woche

und der gedanke

dass auch stille

schneiden kann

~*~


© Anne Seltmann





www.keinverlag.de




Anne Seltmann 08.10.2025, 17.46 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Maritimer Mittwoch N° 238








meerweite

ich stehe
wo das wasser beginnt
und alles andere aufhört

die weite ist kein ort
sie ist ein denken in blau
ein vergessen der richtung

möwen kreisen
als wüssten sie
dass auch kreise
endlich sind

das meer trägt
und nimmt
im selben moment

ich bleibe
im wind
unentschieden
zwischen schritt
und schweben


~*~

© Anne Seltmann





Angelas...



Anne Seltmann 08.10.2025, 08.46 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

Projekt: Ich seh rot 243/2025








asphalt, noch warm vom tag.

linien ziehen ordnung in das atmen,

rechtecke, gezähmte flächen,

kein ort, nur funktion.

 

stille tropft aus den stoßstangen,

irgendwo blinkt ein rest von gestern.

hier steht alles still,

doch nichts bleibt.

 

zeit hält an,

in parkposition.

und irgendwo im lack

spiegelt sich das warten

wie ein versprechen,

das keiner einlöst. 

~*~

© Anne Seltmann









Anne Seltmann 07.10.2025, 07.47 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Miau-velous Moments N° 42











Im Blick einer Katze liegt die Stille des Mondes 
und das Geheimnis ganzer Welten- 
und dein Herz erkennt darin ein heimliches Wissen.



~*~

© Anne Seltmann










Anne Seltmann 01.10.2025, 00.00 | (3/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

Marius Nature Thursday N° 35






der wilde wein,
ein leuchten in gelb und rot,
purpur atmet durch die blätter.

es ist kein abschied,
nur ein wort im wechsel
der jahreszeit.

~*~

© Anne Seltmann







Der Wilde Wein (siehe Bild) zeigt im Herbst ein wahres Farbenfest, weil er sein sattes Sommergrün nach und nach verliert. Das Chlorophyll, das den Blättern ihre grüne Farbe gibt, wird abgebaut, sobald die Tage kürzer und kühler werden. Dadurch treten die Farbstoffe hervor, die sonst verborgen bleiben – das warme Gelb der Carotinoide, das kräftige Rot und Violett der Anthocyane. Bei der Jungfernrebe ist dieser Effekt besonders stark ausgeprägt, weshalb sie oft wie ein lodernder Teppich aus Feuerfarben wirkt. Es ist ihr stiller Abschiedsgruß an den Sommer, bevor sie ihre Blätter fallen lässt. 










Anne Seltmann 25.09.2025, 05.25 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Drachensteigen




[KI generiertes Bild / Text © Anne Seltmann]



Ein kleines Mädchen steht auf der Wiese
die Sonne rinnt durch ihre Finger
wie warmer Honig.

Sie hält den Drachen
an einem dünnen Faden
der flattert wie ein Herzschlag.

Der Wind zieht ihn hoch,
über Dächer, über Bäume,
und das Mädchen lacht
als würde sie die ganze Welt halten
in ihren kleinen Händen.

Ein Vogel schaut neugierig zu,
ein Blatt tanzt vorbei,
und irgendwo,
ganz leise,
flüstert der Himmel ihr zu:
"Du darfst fliegen."

Der Drachen schlägt Purzelbäume,
das Mädchen rennt,
die Schuhe fangen Staub ein,
und ihre Haare fliegen hinterher
wie kleine, goldene Flügel.

Am Abend,
wenn die Sonne in den Wiesen versinkt,
setzt sie den Drachen nieder,
streichelt ihn,
und weiß, dass ein bisschen Magie
in jedem Lachen wohnt.


~*~


© Anne Seltmann






Anne Seltmann 24.09.2025, 08.42 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Projekt: Ich seh rot 241/2025







theater
der vorhang zittert
als wüsste er mehr als wir

ein raum hält den atem an
stühle, augen, herzen
alles gespannt auf das erste wort
das erste licht
die erste geste

noch ist nichts geschehen
doch schon liegt es in der luft
wie ein versprechen
oder ein geheimnis,
das gleich seine form sucht

theater beginnt
lange bevor es beginnt


~*~

© Anne Seltmann





Juttas...

...pausiert




Anne Seltmann 23.09.2025, 14.20 | (2/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

MosaicMonday N° 79




Katzen sind faszinierende Wesen, die seit Jahrtausenden eine besondere Rolle im Leben der Menschen spielen. Sie gelten als unabhängige, elegante und zugleich geheimnisvolle Tiere. Ihre Bewegungen sind geschmeidig, fast lautlos, was ihnen eine Aura von Anmut und Leichtigkeit verleiht.

Charakterlich sind Katzen oft eigenständig – sie suchen Nähe, wenn sie möchten, ziehen sich aber auch gerne zurück. Gerade diese Mischung aus Zuneigung und Freiheit macht sie für viele Menschen so besonders. Wenn eine Katze sich freiwillig auf deinen Schoß legt oder dir vertrauensvoll den Bauch zeigt, ist das ein großes Zeichen von Vertrauen.

Katzen sind auch äußerst feinfühlig. Sie spüren Stimmungen, reagieren auf die Energie ihrer Umgebung und wirken durch ihr Schnurren beruhigend. Dieses Schnurren ist nicht nur Ausdruck von Wohlbefinden, sondern hat nachweislich eine heilende Wirkung: Die Schwingungen können Stress lindern und sogar Knochenheilung fördern.

In vielen Kulturen sind Katzen mit Symbolen von Mystik und Spiritualität verbunden. Im alten Ägypten wurden sie verehrt, in Sagen und Märchen gelten sie oft als kluge Begleiter zwischen den Welten.

Und trotz all ihrer geheimnisvollen Seiten bleibt auch etwas ganz Bodenständiges: das lustige Spiel mit einer simplen Schnur, der neugierige Blick aus dem Fenster oder das wohlig eingerollte Schlafen im Sonnenlicht.





die katze tritt ein
nicht durch die tür
sondern durch den flüsternen schatten
der sich über die wände legt

ihre pfoten malen leise
auf dem staub des tages
ein alphabet aus fragen
das nur die stille versteht

sie sieht dich an
als wärst du ein stern
der noch nicht weiß,
ob er fällt
oder für immer bleibt

in ihrem schnurren
ruht die ganze welt
und nichts
was du denkst
verweht unbemerkt

die katze gleitet fort
und der raum atmet nach
voll von allem,
was nie gesagt wurde

~*~

© Anne Seltmann











Anne Seltmann 22.09.2025, 07.09 | (0/0) Kommentare | TB | PL