Tag: Natur
Die Ente vom See – Teil 2: Das große Seerosenrennen
Am nächsten Morgen flatterte die Ente aufgeregt ans Ufer.
"Na endlich!" quakte sie und tippelte eilig hin und her.
"Heute ist der große Tag! Das Seerosenrennen! Nur einmal im Jahr, nur für echte Wassersportprofis und gelegentliche Frühstücksbekanntschaften."
Ich hatte gerade meinen Kaffee in der Hand und noch nicht mal guten Morgen gesagt, da schob sie mir schon ein Blatt Seetang zu.
"Regeln", sagte sie.
"Lies sie schnell, der Start ist gleich".
Ich las:
"Und du machst mit?", fragte ich.
"Natürlich! Ich bin dreifache Titelverteidigerin in der Kategorie witzigster Watschelsprung. Außerdem hab ich heute meine Glücksfeder dabei."
Schon schwammen Seerosenboote heran – kleine grüne Plattformen mit flatternden Wimpeln, von Libellen gezogen. Die anderen Enten machten sich bereit, trugen Stirnbänder und blickten entschlossen. Eine trug sogar Schwimmflügel.
Der Startpfiff kam aus einem Schnabelhorn.
Die Seerosen schwankten, die Enten watschelten, glitten, rutschten, quakten, sprangen – ein Chaos aus Flügeln, Wasserperlen und Lachen.
Meine Ente – pardon, die Ente – watschelte erst bedächtig, machte dann einen Salto mit Schwung und landete elegant auf einer Riesenblume.
Das Publikum, eine Horde Frösche in gestreiften Badeanzügen, johlte.
Am Ende saßen wir beide auf der dicken Seerose in der Mitte, pitschnass, mit einer Medaille aus Algen.
"Warst du auch schon mal so mutig?", fragte sie.
Ich schüttelte den Kopf.
"Dann wird's Zeit", grinste sie.
Und schubste mich in den See.
Anne Seltmann 17.07.2025, 06.01 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Die Ente vom See – Teil 1
"Guten Morgen", sagte die Ente. Sie stand genau dort, wo ich sie gestern verlassen hatte – am Rand des kleinen Sees, etwas schief im Gefieder und mit diesem Blick, der schon wieder nach Geschichten roch.
"Heute gibt's Frühstück à la Natur", schnatterte sie. "Seerosen mit Algen-Topping – vegan, saisonal und absolut schleimig. Nur der Frosch vom Nachbarteich will schon wieder mitessen. Der hält sich für einen kulinarischen Kritiker, aber hat letzte Woche einen Kieselstein mit einem Käfer verwechselt."
Ich setzte mich an den Uferrand. Die Ente nahm das wohl als Einladung, mir eine Tageszusammenfassung zu geben.
"Gestern ist die Blässhuhn-Gang aus dem Schilf ausgebrochen. Chaos pur. Die wollten die Libellen hypnotisieren! Einfach nur starren und quaken – als wären sie im Yoga-Retreat."
Sie zupfte eine Alge aus dem Wasser, musterte sie mit skeptischem Blick, ließ sie dann fallen. "Ich sag's dir, früher war hier mehr Ruhe. Jetzt? Daueraction. Und dann der Schwan – der will eine Choreografie einführen. Mit Musik! Mit Disziplin! Ich hab ihm gesagt: Ich bin Ente, keine Ballettdiva!"
Ich lachte, und sie nickte zufrieden, als hätte sie gerade einen Punkt gewonnen.
"Du lachst", sagte sie, "aber nächste Woche ist das große Seerosenrennen. Ich starte mit einem Maulwurf im Team. Der hat zwar null Orientierung, aber angeblich den besten Instinkt."
Dann hüpfte sie ein Stück ins Wasser, spritzte mir dabei versehentlich den Schuh nass und meinte nur: "Ich geh mal Seerosen sortieren. Morgen ist schließlich Freitag. Prioritäten, weißt du?"
Und weg war sie – paddelnd, ein wenig schief, ein wenig stolz, völlig überzeugt davon, dass sie den Teich im Griff hat.
Anne Seltmann 10.07.2025, 05.42 | (4/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Die Bäume auf den Kreidefelsen von Rügen, besonders im Nationalpark Jasmund, wirken oft so, als wären sie geordnet oder "sortiert" – das liegt an mehreren Faktoren:
Der Nationalpark ist geprägt von alten Birkenwäldern, die sich relativ gleichmäßig entwickelt haben. Viele dieser Birken wachsen gerade nach oben, was ein besonders aufgeräumtes, säulenartiges Bild ergibt – wie in einer grünen Kathedrale.
Auf dem nährstoffarmen, kalkhaltigen Boden wächst weniger Unterholz als in anderen Wäldern. Dadurch wirken die Baumreihen klarer und strukturierter, weil keine Büsche oder Sträucher das Bild stören.
Da der Nationalpark streng geschützt ist, wird der Wald nicht bewirtschaftet. So kann sich ein sogenannter Urwaldähnlicher Zustand entwickeln – mit klaren Wachstumszonen und natürlichen Ordnungen, die vom Licht und Boden gesteuert sind.
An den Kreidefelsen wachsen viele Bäume in Reihen an den Hängen. Von oben betrachtet oder aus der Ferne wirken diese Reihen besonders symmetrisch, fast wie von Menschenhand gepflanzt – obwohl sie es nicht sind.
03.07.2025, 05.34 | (3/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Anne Seltmann 30.06.2025, 08.37 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Ohne ihre Blüten wäre ich nie darauf gekommen, welches Blatt mir da in die Hände gefallen ist.
Wisst ihr, zu wem es gehört?
Zur Hortensie – der Lieblingsblume meiner Mutter.
Ich sehe sie noch vor mir, wie sie mit einer kleinen Schaufel durch den Garten ging, stets auf der Suche nach dem besten Platz für ihre Hortensien.
Sie liebte ihre Farben: das Zarte der Blauen, das Leise der Roséfarbenen und manchmal dieses geheimnisvolle Violett, das sich nur zeigte, wenn der Boden gerade richtig war.
Rund ums Haus standen sie dicht an dicht, als würden sie leise flüstern.
Für mich waren sie damals einfach nur schön. Heute liebe ich sie ebenfalls und sie erzählen mir Geschichten – von Sommern voller Licht, vom Lachen meiner Mutter und von all den Tagen, an denen sie für einen Moment die Zeit anhielt.
Anne Seltmann 28.06.2025, 08.40 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Marienkäferprotokolle
es war ein punkt
ein roter, bewegter punkt auf der haut des morgens
eine falte im blattlicht,
eine verirrung zwischen ahnung und wind
du zähltest die punkte
als sei zählen ein schutz
gegen das ungefähre, das sich auf deine hand setzte
leicht wie eine möglichkeit
marienkäfer –
keine käfer, keine heiligen
nur schalen aus rot und versprechen
mit flügeln aus flucht
du sagtest: sie bringen glück
ich sah: sie trugen nichts außer flug
und ein winziges zittern
sie blieben nie lang
aber lange genug
um uns etwas zu zeigen
was wir nicht benennen konnten
nur befühlen
Anne Seltmann 26.06.2025, 00.00 | (4/2) Kommentare (RSS) | TB | PL
Anne Seltmann 19.06.2025, 07.46 | (4/3) Kommentare (RSS) | TB | PL
Die Antwort liegt – wie so oft – in der Vielfalt des Lebens selbst. Unterschiedliche Baumarten haben sich über Jahrmillionen an verschiedenste Lebensräume angepasst. Ob trockene Hügel, feuchte Auen, karge Gebirgszüge oder tropische Regenwälder – jeder Ort stellt andere Anforderungen an das Wachstum und Überleben eines Baumes. Wer sich durchsetzt, bleibt. Wer sich besser anpasst, gedeiht. So entstanden über lange Zeiträume unzählige Arten, jede mit ihren ganz eigenen Stärken.
Manche Bäume trotzen Wind und Wetter mit tiefen Wurzeln, andere wachsen rasch dem Licht entgegen, um Schatten zu vermeiden. Einige tragen filigrane Blätter, um möglichst viel Sonne einzufangen, andere lassen sich mit Nadeln Zeit, weil sie in kargen Regionen sparsamer wirtschaften müssen. Manche locken Tiere mit süßen Früchten an, um ihre Samen zu verbreiten – andere setzen auf den Wind.
Diese beeindruckende Vielfalt macht unsere Wälder nicht nur stabiler gegenüber Krankheiten und Klimaveränderungen, sondern auch zu einem Ort, an dem wir immer wieder Neues entdecken können. Die vielen verschiedenen Baumarten sind ein stilles Zeugnis der Kreativität der Natur – und ein guter Grund, mit offenen Augen durch den Wald zu gehen.
Anne Seltmann 16.06.2025, 07.22 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Wassertropfen
fangen das Licht
halten die Welt
im kleinen Glas
leise tanzt Natur
im winzigen Kreis
flüstert vom Leben
im stillen Grün
~*~
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 12.06.2025, 07.09 | (4/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
05.06.2025, 05.56 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL