Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag: P

Die Müdigkeit der guten Wünsche








Vesna saß an ihrem Schreibtisch, der Stift lag sauber ausgerichtet neben den Karten, alle gleich, alle mit glänzenden Rändern und dem gleichen Versprechen von Wärme. Draußen hing der Dezember grau und still, drinnen roch es nach Tee und ein wenig nach Gewohnheit.

Vesna drehte eine der Karten zwischen den Fingern. "Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr." Sie kannte den Satz auswendig. Sie hatte ihn tausendmal geschrieben, mit kleinen Variationen, mal mehr Herzlichkeit, mal mehr Förmlichkeit. Und jedes Mal war es dasselbe gewesen.

Ich mag keine Weihnachtspost mehr schreiben, dachte sie und erschrak fast über die Klarheit dieses Gedankens. Nicht aus Trotz. Nicht aus Kälte. Sondern aus Müdigkeit.

Die Wünsche langweilten sie, weil sie hohl geworden waren. Gesundheit, Frieden, Glück – große Worte, die niemand erklären musste und die doch niemand wirklich meinte.

Sie fühlten sich an wie automatische Gesten, wie Nicken im Vorübergehen. Vesna fragte sich, ob man all das wirklich noch wünschen konnte, ohne etwas dabei zu empfinden.

Sie legte den Stift weg. Früher hatte sie geglaubt, Höflichkeit sei gleichzusetzen mit Verbundenheit. Jetzt spürte sie, dass zwischen beidem eine Lücke lag. Eine leise, unbequeme.

Vielleicht, dachte sie, ist es ehrlicher, nicht zu schreiben. Oder nur einer Person. Oder einen Satz, der wirklich von ihr kam – unbeholfen, nicht rund, aber wahr. Einen Satz, der nicht alles wollte, sondern nur meinte: Ich habe an dich gedacht, heute.

Vesna nahm eine der Karten und schob sie zurück in die Schachtel. Nicht aus Ablehnung, sondern aus Respekt vor den Worten. Wenn sie schrieb, dann wollte sie wieder etwas zu sagen haben. Und bis dahin durfte auch Stille ein Geschenk sein.


© Anne Seltmann


Nun in eigener Sache:

Ich habe in diesem Jahr nur in sehr reduzierter Form Weihnachtskarten verschickt, da ich das Schreiben von Weihnachtspost zunehmend als belastend empfinde. Zukünftig werde ich es ganz einstellen.

Es waren diesmal 16 am Stück!

Eure Karten, die ich alle noch habe,  haben mich stets erfreut und bedeuten mir viel! Nun, es ist meine persönliche Müdigkeit, die das Schreiben zu einer Art automatischen Geste macht, wie ein beiläufiges Nicken, so wie es meine Protagonistin erlebt.

Worauf ich natürlich nicht verzichten werde, ist weiterhin Geburtstagsgrüße zu versenden.

 

 Ich bitte daher um Verständnis!





Anne Seltmann 14.12.2025, 10.41 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Hand aufs Herz






Nenne drei Bücher, die dich beeinflusst haben. Warum ist das so?

 

Drei Bücher, die mich geprägt haben, sind  "Der kleine Prinz" von * Antoine de Saint-Exupéry,  "Siddhartha" von * Hermann Hesse und "1984" von * George Orwell.

 

"Der kleine Prinz" wirkt auf den ersten Blick schlicht, fast kindlich, und genau darin liegt seine Kraft. Das Buch zeigt, wie leicht Wesentliches im Alltag übersehen wird, wenn man nur noch funktioniert. Die ruhige, klare Sprache und die poetischen Bilder erinnern daran, dass Beziehung, Verantwortung und Staunen keine Nebensachen sind. Dieses Buch schärft meinen Blick für Zwischentöne und für das Ungesagte.

"Siddhartha" hat mich beeinflusst, weil es keinen fertigen Weg anbietet. Die Suche nach Sinn, Erkenntnis und innerer Ruhe verläuft über Irrtümer, Umwege und Widersprüche. Das Buch lehrt, dass Erfahrung nicht ersetzt werden kann und dass Einsicht etwas sehr Persönliches ist. Diese Haltung prägt, wie ich über Entwicklung, Geduld und Selbstfindung nachdenke.

"1984"schließlich wirkt auf einer ganz anderen Ebene. Es zeigt, wie Sprache, Macht und Angst zusammenhängen und wie sehr Denken formbar ist. Das Buch schärft mein Bewusstsein für Manipulation, für den Wert von Wahrheit und für die Verantwortung, präzise mit Worten umzugehen. Es hinterlässt weniger Trost, aber eine anhaltende Wachsamkeit.

 

Zusammen zeigen diese Bücher drei Perspektiven auf das Menschsein: das Poetische, das Suchende und das Kritische. Genau diese Mischung empfinde ich als prägend.



[* Namensnennung...unbeauftrgat und unbezahlt !]




Anne Seltmann 14.12.2025, 06.24 | (2/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

Montagsherz N° 648







Nein, das ist kein Teil von mir, falls ihr fragen wolltet. 
Das wäre mir einfach zuviel Herz und überhaupt nicht mein Stil!
Gesichtet in einem Shop. 

Nun seid ihr dran! Welche Herzen habt ihr diesesmal im Gepäck?




Nächster Termin:
22. Dezember 2025









08.12.2025, 00.00 | (8/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Projekt: Ich seh rot 248/2025




[gesichet im Gartencenter]


Der Weihnachtsstern trägt einen Namen, der fast so zart und poetisch klingt wie sein Erscheinungsbild: Poinsettia. Dieser Name stammt vom amerikanischen Botaniker Joel Roberts Poinsett, der die Pflanze im 19. Jahrhundert aus Mexiko mitbrachte, wo sie schon damals als Symbol für Erneuerung und Licht galt. Dort nennt man sie "Flor de Nochebuena", Blume der Heiligen Nacht. Schon diese Herkunft lässt erahnen, dass der Weihnachtsstern weit mehr ist als nur ein dekoratives Wintergewächs.

Sein leuchtendes Rot ist das erste, was ins Auge fällt. Doch viele wissen nicht, dass es sich dabei gar nicht um Blüten handelt, sondern um farbige Hochblätter, die wie ein natürlicher Rahmen wirken. In ihrer Mitte sitzen die kleinen, unscheinbaren Blüten, die das ganze Erscheinungsbild noch geheimnisvoller machen. Die Poinsettia scheint in sich selbst zu strahlen und bringt selbst in dunklen Dezembertagen ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit in jeden Raum. Ich selbst habe wenig Glück mit ihm, schaue ihn mir aber gerne an. Allerdings lieber ohne den ganzen Glitzerkram!








Anne Seltmann 02.12.2025, 06.12 | (0/0) Kommentare | TB | PL

MosaicMonday N° 83






Beim Sichten meiner Bilder, bin ich auf einige meiner Nähprojekte gestoßen.

Ich habe diverse Sachen für meine Kindergartenkinder genäht und natürlich auch für mich.

Von links nach rechts…

Links oben ist ein Nähprojekt gewesen, dass ich bei *vonlangehand gesehen hatte. Da habe ich mir die Nähanleitung für die kleinen Schiffchen gekauft.

Dann kommen als nächsten Turnbeutel, die ich für meine Kindergartenkinder genäht hatte, als Abschiedsgeschenke, für den Übertritt in die Grundschule. Die habe ich frei nach Schnauze genäht. Ich habe diesen Stoff gewählt, damit sie ihn selbst ausmalen können.

Daneben unschwer zu erkennen bin ich. Zumindest erkennen mich alle, die mich schon einmal gesehen haben. In der Anfangszeit habe ich wie verrückt Masken genäht. Für uns, für die Familie, für Freunde – bestimmt rund zweihundert Stück sind dabei entstanden.

Die Lenker-Tasche fürs Fahrrad daneben war ein Geschenk für das Nachbarsmädchen, entdeckt bei * Lybstes

Unten links seht ihr ein Puppenkleidchen, das ich ohne Vorlage genäht habe. Ein Hängerchen beziehungsweise Schürzenkleid, das ich bei * Stoff -Schmiede entdeckt und mir den Zuschnitt selbst zurecht gefriemelt habe.

Dann kommt Öwe, * die Möwe, die ich für die Sprachförderung in meinem Kindergarten genäht hatte. Öwe ist übrigens herrlich frech.

Und ganz zum Schluss durfte eine Puppenwindel natürlich nicht fehlen – ebenfalls frei genäht und ohne Plan, einfach aus der Idee heraus.



[*Namensnennung und Verlinkung...unbeauftragt und unbezahl !]






Anne Seltmann 01.12.2025, 15.16 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Weisheiten am Samstag N° 81









Anne Seltmann 29.11.2025, 07.09 | (2/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

Maritimer Mittwoch N° 240






ich träume mich an den strand,
nicht in postkartenfarben,
sondern in diese leise fläche,
die von weite spricht,
ohne ein wort zu kennen.

 

das meer nimmt meine gedanken auf,
wie ein archiv der dinge,
die nie gesagt wurden.
es lässt sie treiben,
knapp unter der oberfläche,
wo sie nicht entscheiden müssen
zwischen sinken und schweben.

 

ich träume mich an den strand,
wo jede welle ein versuch ist,
neu zu beginnen,
wo das salz sich mischt
mit dem, was ich festhalte
und dem, was ich endlich loslasse.

 

vielleicht bin ich nicht angekommen.
vielleicht reicht es,
in der bewegung zu bleiben,
dorthin zu träumen,
wo das meer spricht:
wirf dich hinein.
ich trag dich eine weile.


~*~


© Anne Seltmann



 




Anne Seltmann 26.11.2025, 08.38 | (7/5) Kommentare (RSS) | TB | PL

Weisheiten am Samstag N° 80










Anne Seltmann 22.11.2025, 07.42 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Marius Nature Thursday N° 41



Urlaubsbericht Murnau am Staffelsee:





Ich nehme euch heute mit – dorthin, wo die Berge rauschen und das Wasser flüstert. Zur Partnachklamm, einem Ort, der sich anfühlt, als hätte die Natur selbst beschlossen, hier ein kleines Wunder zu verstecken.

Schon am Eingang spürt man diese besondere Stimmung. Es riecht nach Felsen, Moos und kaltem Wasser. Die Luft ist frisch, fast beißend, und irgendwo ganz tief unten hört man es schon: das Donnern der Partnach, wie sie sich unaufhörlich durch den Fels gräbt. Der Weg führt hinein in den Bauch der Schlucht – schmal, feucht, geheimnisvoll. Über einem tropft das Wasser von den moosbewachsenen Wänden, manchmal in feinen Fäden, manchmal in kräftigen Tropfen, die auf der Jacke landen wie kleine Erinnerungen an die Tiefe.

Das Licht verändert sich ständig. Mal fällt es als silbriger Strahl durch eine Öffnung und tanzt auf den Wasserschleiern, mal verschwindet es ganz und man läuft durch schmale, dunkle Gänge, in denen nur das Echo des Wassers bleibt. Es ist ein bisschen unheimlich und wunderschön zugleich – als würde man durch ein Märchen wandern, das in Stein geschrieben wurde.

An manchen Stellen öffnet sich die Klamm plötzlich, und man steht vor einem atemberaubenden Anblick: türkisgrünes Wasser, das sich zwischen grauen Felswänden hindurchwindet, wild und klar. Es sprüht, tost, lebt. Der Lärm ist so stark, dass man den eigenen Atem kaum hört – und doch möchte man hier stehen bleiben, einfach nur schauen und fühlen.

Manchmal begegnet man anderen Wanderern, ihre Gesichter spiegeln dasselbe Staunen. Man nickt sich zu, lächelt – keine Worte nötig. Die Natur spricht hier lauter als alles andere.






Am Ende der Klamm, wenn der Weg wieder weiter ins Freie führt, ist da dieses Gefühl, das man kaum beschreiben kann. Man ist nass, leicht erschöpft, aber seltsam ruhig. Als hätte man gerade ein kleines Geheimnis geteilt – zwischen Fels, Wasser und sich selbst.

Die Partnachklamm ist kein Ort, den man einfach nur besucht. Sie ist ein Erlebnis, das man durchwandert, einatmet, mitnimmt. Und vielleicht, wenn du das nächste Mal in Garmisch-Partenkirchen bist, erinnerst du dich an diesen kleinen virtuellen Spaziergang und gehst selbst hinein – um das Rauschen zu hören, das schon seit Jahrhunderten nicht aufgehört hat.













Anne Seltmann 13.11.2025, 07.05 | (5/2) Kommentare (RSS) | TB | PL

November




[mit Photoshop bearbeitet]



Der November kommt nicht laut. Er schleicht sich heran wie jemand, der den Schlüssel kennt und nicht stören will. Die Tage gehen langsamer, als hätten sie begriffen, dass Eile in dieser Zeit keinen Sinn hat. Nebel zieht über die Felder, legt sich über Geräusche, macht sie weich.

 

Ein dünner Rauchfaden steigt aus einem Haus, das nach Brot riecht, nach Heimkehr. Es ist ein stilles Glück, dass keiner Worte braucht. Das Licht hat jetzt eine andere Geduld. Es bleibt länger auf den Dingen, streift über Mauern, über Hände, über Blätter, als wollte es sagen: Ich bin noch da.

 

Die Wege sind bedeckt mit buntem Papier der Bäume, Briefe des Windes an alle, die noch draußen gehen. Manchmal spielt ein Kind im Dunst, hebt eine Hand voll Kälte auf – und sie glitzert.

 

So schön kann still sein. So schön, dass Fast-Nichts, das zwischen zwei Atemzügen wohnt.

Ein Monat, der nichts fordert, nur erlaubt: da zu sein, leise, warm von innen.

 

Gedanke zum Schluss

 

Vielleicht mag ich den November gerade deshalb. Er stellt keine Fragen, verlangt kein Lächeln, trägt aber eines in sich, wenn man hinsieht. In seinem Grau liegt Ruhe, in seiner Nüchternheit etwas Sanftes. Ich gehe langsamer in diesen Tagen, halte öfter an, schaue in das matte Licht – und merke, dass selbst Schweigen eine Farbe hat.




Anne Seltmann 02.11.2025, 09.58 | (3/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

2025
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