Tag: 20
Anne Seltmann 10.06.2025, 09.15 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Es ist wieder Zeit für Rolands Würfelspiel. Im April, Mai, Juni wird mit 2 Würfeln gewürfelt.
Beispiele findet ihr bei >> Roland <<
Die Würfel fielen: 5+4= 9
Somit ist es das I im Alphabet.
Ich habe dafür ein Archivbild mit einem IGEL hervorgekramt
Es war ein später Nachmittag im August 2021, die Sonne stand schon tief, und das Maisfeld hinter unserem Dorf rauschte geheimnisvoll im warmen Wind. Ich hatte beschlossen, ein paar trockene Blätter für meine Herbstdeko zu sammeln – und wie ich so zwischen den hohen, knisternden Stängeln umherging, hörte ich plötzlich ein leises Rascheln.
Zuerst dachte ich an eine Maus. Oder vielleicht ein Kaninchen. Neugierig schob ich ein paar Halme beiseite – und da saß er. Ein Igel. Mitten im Maisfeld. Rund wie ein Kissen, verlegen zusammengerollt, nur seine schwarze Schnauze lugte hervor.
Ich blieb ganz still, und nach einem Moment wagte er sich aus seinem Stachelpanzer. Und dann – als hätte er sich ertappt gefühlt – begann er hektisch, sich zwischen die Stängel zu drücken, als wolle er sagen: "Ich war gar nicht hier!"
Ich konnte nicht anders, ich lachte laut. Der Igel blieb kurz stehen, schaute mich mit seinen Knopfaugen an – vorwurfsvoll, wie ich fand – und trottete dann beleidigt davon. Seitdem schaue ich jedes Mal zweimal hin, wenn es im Mais raschelt. Wer weiß, ob Herr Stachel nicht wieder heimlich auf Streifzug ist.
Anne Seltmann 01.06.2025, 05.00 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Anne Seltmann 01.06.2025, 00.00 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
"Zwischen den Gräbern wächst das Erinnern wie Efeu – leise, lebendig, unbeirrbar."
© Anne Seltmann
Père-Lachaise – ein Spaziergang unter den stillen Stimmen (2008+2013)
Es gibt Orte, die sich nicht in wenigen Worten fassen lassen.
Père-Lachaise ist so einer. Ein Friedhof – ja. Und doch viel mehr als das. Für mich ist er ein stilles Kapitel Paris', geschrieben in Stein, Moos und Erinnerung.
Ich liebe diesen Ort. Die geschwungenen Wege, die sich zwischen alten Gräbern und Mausoleen verlieren. Die Ruhe, die in der Luft liegt, wie ein zarter Schleier über den Stimmen der Vergangenheit. Die Skulpturen, Engel und Figuren, die trauern, hoffen, wachen – und dabei fast lebendig wirken.
Es sind nicht nur die berühmten Namen, die mich anziehen.Nicht nur Oscar Wilde, Simone Signoret oder Jim Morrison. Es sind die kleinen Gräber dazwischen, die mit ebenso viel Liebe gepflegt werden.Ein altes Schwarz-Weiß-Foto, eingerahmt von Efeu. Ein handgeschriebener Zettel, verwittert, aber lesbar. Ein Kieselstein auf einem Grabstein – Zeichen eines Besuchs, einer Erinnerung.
Ich verliere mich gern dort. Nicht im traurigen Sinne –sondern in einer Art kontemplativem Schauen.
Ein Spaziergang über Père-Lachaise ist für mich wie das Lesen eines Gedichtbands, dessen Verse in Stein gemeißelt sind.
Jeder Schritt erzählt. Jede Figur hält inne. Und die Zeit – sie scheint für einen Moment stillzustehen.
Ich gehe langsam, lasse mich treiben. Manchmal setze ich mich auf eine Bank,lausche den Vögeln, dem Rascheln der Blätter,
und denke: Was für ein schöner Ort, um das Leben zu erinnern!
Anne Seltmann 26.05.2025, 05.58 | (4/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
sie wachsen
als hätten sie nie
etwas anderes getan
mit dem mut
den dornen machen
wenn man sich trotzdem
öffnet
ihre farbe
keine festlegung –
nur ein vorschlag
an das licht
sie duften
wie erinnerung
an etwas
das man noch erleben wird
ich beuge mich zu ihnen
nicht aus ehrfurcht
sondern weil
sie einlädt
nicht zu blühen
für mich
sondern mit mir
Anne Seltmann 20.05.2025, 14.23 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Beispiele findet ihr bei >> Roland <<
Die Würfel fielen – zwei Sechsen. Ein satter Pasch!
Macht folglich 12. Somit ist es das L im Alphabet.
Ich habe dafür die Litfaßsäulen herausgesucht.
Manchmal denke ich zurück an die Straßen meiner Kindheit, an das Pflaster unter den Füßen und den Geruch von feuchtem Papier nach einem Regenschauer. Zwischen grauen Häuserzeilen gab es kleine Wunder zu entdecken. Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als Litfaßsäulen nicht nur Plakatträger, sondern kleine Verkaufsläden waren – verborgenes Stadtleben auf engstem Raum. Dort kaufte man Kaugummis oder Zeitungen, sprach ein paar Worte mit der alten Dame hinter dem winzigen Fenster. Es war eine Zeit, in der selbst Reklame Platz für Menschliches ließ.
Anne Seltmann 07.05.2025, 08.45 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
Tulpen Zeit
am rand der vase
ein zittern.
nicht blüte, nicht ganz stiel.
ein übergang.
sie standen in grellem rot
gestern noch
ein ausruf im raum
heute:
eine silbe zu viel,
ein neigen.
zwischen tischkante und licht
verbeugt sich der rest.
kein fallen, eher
ein lassen.
was ist schön
am aufhören?
das papier raschelt
am fenster.
jemand sagt:
es riecht nach vergangenem
und meint den frühling
~*~
© Anne Seltmann
Anne Seltmann 06.05.2025, 18.11 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL
"Nicht jeder Augenblick braucht Nähe –
manchmal genügt ein stiller Blick durch die Linse, um das Verborgene zu erkennen."
© Anne Seltmann
Mit ruhiger Hand und geübtem Blick nutzt mein Mann sein kürzlich erworbenes Spektiv nicht nur zur Beobachtung, sondern auch zur fotografischen Dokumentation besonderer Naturmomente. Dabei setzt er gezielt sein *iPhone vor das Okular, um die Details der Ferne festzuhalten – sei es ein entfernter Greifvogel am Himmel oder ein scheues Reh am Waldrand.
Diese Kombination aus klassischer Optik und moderner Technik erlaubt es ihm, flüchtige Szenen mit erstaunlicher Klarheit einzufangen. Es ist eine stille Leidenschaft, die Präzision, Geduld und ein gutes Auge für den richtigen Moment verlangt – und dabei eindrucksvolle Bilder hervorbringt, die weit über das bloße Beobachten hinausgehen.
Ein Spektiv ist ein Fernrohr mit starker Vergrößerung, das vor allem für Naturbeobachtungen wie Vogelbeobachtung oder Landschaftsstudien genutzt wird. Es hat meist ein Stativ, einen geraden oder schrägen Einblick und liefert ein klares, detailreiches Bild – ähnlich wie ein Teleskop, aber für den Tag gemacht.
Anne Seltmann 05.05.2025, 08.49 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL
eigenleben
der spiegel
steht seit jahren da
doch heute
zittert seine fläche
als hätte der raum sich verändert
oder du
manchmal
kriechen kleine falten aus ihm
legen sich auf dein gesicht
und verschwinden
wenn du dich abwendest
er hat sich gewöhnt
an dein kommen,
dein zögern,
dein prüfendes lächeln
das du nie vollendest
er sehnt sich nicht
doch er erinnert
manchmal
wirft er ein bild zurück,
das du nicht erwartest
und du
bleibst stehen
als hättest du
jemanden getroffen
Anne Seltmann 01.05.2025, 05.25 | (4/4) Kommentare (RSS) | TB | PL