Es
war einmal, in einem nicht ganz so fernen Königreich mit schnellem
Internet, da lebte ein Mädchen mit Haut so weiß wie Milchschaum, Lippen
so rot wie Tomatensoße und Haaren so schwarz wie der Ladebildschirm von
*Netflix: Schneewittchen.
Sie
lebte mit ihrer ewig gestressten Stiefmutter, die nicht nur eitel,
sondern auch Influencerin war. Die Königin stellte der sprechenden
Zauberspiegel-App täglich dieselbe Frage:
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer hat die meisten Follower im ganzen Land?"
Und der Algorithmus antwortete:
"Du warst es lange, keine Frage, doch Schneewittchen ist der neue Hype der Tage!"
Die
Königin war empört! Schneewittchen hatte nämlich ein virales Video
gepostet, in dem sie mit sieben Zwergen eine Tanz-Challenge auf dem
Küchentisch aufführte.
Also
schickte die Königin Schneewittchen kurzerhand in den Offline-Wald, wo
sie kein WLAN hatte. Doch dort traf Schneewittchen die sieben Zwerge –
ein chaotischer Haufen:
Grummel hatte eine
Zoom-Phobie, Kläuschen sprach nur in Emojis, und Blitz war süchtig nach
Energy-Drinks. Doch sie waren herzlich, und bald lebte Schneewittchen
mit ihnen in einer WG mit Hängematte, Kompost-Toilette und
Fair-Trade-Kaffee.
Die
Königin versuchte es alsbald mit einem manipulierten Apfel – gentechnisch
verändert, glutenfrei, aber trotzdem verdächtig. Schneewittchen biss
rein – und fiel um. Zum Glück war der Apfel nur überreif und hatte sie
nicht vergiftet, sondern mit einem Zuckerschock umgehauen.
Der
Prinz kam auf seinem E-Scooter vorbeigefahren, sah sie da liegen und
rief den Notdienst. Schneewittchen kam zu sich, sah den Prinzen und
meinte: "Du bist ganz nett, aber ich date niemanden, der keinen Hund
hat."
Er holte sich noch am selben Tag einen Mops.
Und wenn sie nicht gestreamt sind, dann tanzen sie noch heute in ihrer Zwergen-WG auf *TikTok.
© Anne Seltmann
[* Namensnennung...unbeauftragt und unbezahlt]