Blogeinträge (Tag-sortiert)

Tag:

Floral Friday Fotos 2025 N° 23



 N° 23 




Heute schenke ich mir Löwenmäulchen
weil etwas in mir
nach sanfter Farbe ruft

 

die Stiele tragen
ein Gewicht aus nichts
nur Atem und Regenreste

 

ein paar Blüten
sehen mich an
als wüssten sie mehr
von all den Stunden
die ich nicht benennen kann

 

ich stelle sie ins Fenster
und warte
bis das Licht
ihnen und mir
denselben Frieden schenkt

~*~

© Anne Seltmann














Anne Seltmann 01.08.2025, 10.28 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Freitag ist Fischtag N° 19





[KI generiertes Bild / Text © Anne Seltmann] 





Die Geschichten im Schuppenkleid 

Tief unten im Meer lebte ein kleiner Fisch, der anders war als alle anderen. Seine Schuppen waren schlicht, doch sein Körper war über und über mit Knöpfen geschmückt. Große, kleine, bunte und schimmernde Knöpfe – jeder mit einer eigenen Form und einem eigenen Geheimnis.

Die anderen Meeresbewohner wunderten sich und fragten ihn oft: "Warum trägst du all diese Knöpfe?" Der Fisch lächelte sanft und antwortete: "Jeder Knopf erzählt von einem Moment, den ich nicht vergessen will."

Einen roten Knopf hatte er einst am Strand gefunden, als eine Welle ihn ins Meer gespült hatte – er erinnerte ihn an einen Sommertag voller Wärme. Ein goldener Knopf kam von einem Seestern, der ihm einst geholfen hatte, sich vor einem Sturm zu verstecken. Manche Knöpfe waren Geschenke von Freunden, andere Erinnerungen an kleine Abenteuer, die er ganz allein erlebt hatte.

Wenn das Sonnenlicht ins Wasser fiel, glitzerten die Knöpfe wie winzige Sterne, die zwischen den Wellen tanzten. Und jedes Mal, wenn jemand den kleinen Fisch ansah, fühlte er sich ein bisschen glücklicher, als hätte er selbst eine dieser Geschichten berührt.



© Anne Seltmann




Anne Seltmann 01.08.2025, 06.25 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Spiegelungen 2025 N° 08






die pfütze ist wie ein geheimnis
versteckt unter grauem himmel
gummistiefel tauchen ein
in ein meer aus spiegeln und träumen

jeder sprung ein kleines gedicht
ein tanz zwischen himmel und erde
wasserflüstern trägt das lachen fort
und bleibt doch immer bei mir

kleine welten öffnen sich
unter den schritten der neugier
pfützen werden zu ozeanen
und ich bin ein abenteurer ganz ohne schiff


~*~


© Anne Seltmann







Anne Seltmann 01.08.2025, 00.00 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Zum Tod von Laura Dahlmeier






Worte, die entmenschlichen

Es gibt Ausdrücke, die mehr zerstören als benennen – und einer davon ist für mich "Leichnam oder menschliche Überreste". Ein Wort, das in sich kein Einfühlungsvermögen trägt, keinen Rest von Menschlichkeit.

Gestern ging die Nachricht durch alle Medien: Laura Dahlmeier, die Olympiasiegerin und mehrfache Weltmeisterin im Biathlon, ist bei einem tragischen Bergunglück in Pakistan ums Leben gekommen. In Berichten heißt es nüchtern: ihr Leichnam bleibt am Berg, ganz in ihrem Sinne und Wunsch. Doch dieser nüchterne Begriff verzerrt alles.

Laura war kein "Leichnam". Sie war ein Mensch mit Mut, Leidenschaft, Humor und Bodenständigkeit – eine Inspiratorin weitaus über den Sport hinaus.

Wenn Journalist:innen oder Behörden in ihrer Berichterstattung dieses Wort verwenden, fühle ich, wie sich nicht nur die Erinnerung ihrer Person entfernt – sondern wie sich auch unserer gemeinsames Menschsein entfremdet. Leichnam klingt wie etwas, das wir wegräumen, zurücklassen, verschwinden lassen könnten.

Ich halte eine Sprache für nötig, die Menschen nicht in Kategorien verwandelt, sondern sie ehrt – die sensibel bleibt, auch wenn Worte über Leben und Tod entscheiden. Laura hat gerne Berge bestiegen, sie war Abenteurerin aus Überzeugung, bis zuletzt. Ihre Entscheidung, im Unfallfall keine Bergungsaktion zu riskieren, unterstreicht am Ende ihre Bodenständigkeit und Haltung.

Ich wünsche mir, dass wir im Angesicht von Tod und Trauer nicht vergessen: Hinter jeder Meldung steht ein Name, ein Leben, eine Geschichte. Und dass wir Worte wählen, die das Respektieren – nicht Worte, die die Menschlichkeit auf ein Ding reduzieren. Denn das, was Laura Dahlmeier hinterlässt, ist weit größer als jeder sportliche Rekord. Es ist ein Vermächtnis, das in Erinnerungen weiterlebt – nicht in einem Begriff wie "Leichnam".

 

Mein tiefes Mitgefühl gilt allen, die um Laura Dahlmeier trauern. Sie war weit mehr als ein Name im Sport – ein Mensch voller Mut, Leidenschaft und Wärme. 



Nachwort:

 

Das Wort Leichnam stammt aus dem Althochdeutschen und setzt sich ursprünglich aus zwei Teilen zusammen:

 

    līh oder līk = "Körper, Gestalt, Leiche"

 

    nam = "genommen, übernommen“ oder auch "Name"

 

Im Mittelhochdeutschen bedeutete lichnam noch ganz neutral "menschlicher Körper" – egal, ob lebendig oder tot. Erst im Laufe der Zeit, etwa ab dem Spätmittelalter, verschob sich die Bedeutung zu "toter Körper eines Menschen".


Anne Seltmann 31.07.2025, 08.53 | (3/3) Kommentare (RSS) | TB | PL

Perfekt unperfekt




Marius "unperfektes" Bild hat mich zu diesem Gedicht inspiriert

 

 

Wenn alles immer glatt und makellos wäre
gäbe es keine Ecken keine Kanten die erzählen
keine Narben die leise von Mut und Wandel singen
kein Flüstern der Zeit die uns hält und trägt
keine Schatten die das Licht erst lebendig machen

 

Im Unvollkommenen wohnt die Seele des Moments
ein Tanz aus Fehlern und Hoffnungen
aus zerbrochenem Glas das in der Sonne funkelt
Hier finden wir die echten Geschichten
die uns berühren und wachsen lassen

 

Denn erst wenn nicht alles perfekt ist
öffnet sich Raum für Wunder und echtes Leben
für das raue und zarte zugleich
für das, was wirklich zählt und bleibt

 

 ~*~

© Anne Seltmann






Anne Seltmann 31.07.2025, 07.04 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Marius Nature Thursday N° 28/2025












die wiese hält uns
ein sanftes bett aus grünem raunen
der hund neben mir
seine augen halb geschlossen
als lauschte er dem atmen der erde
der himmel weit und offen
kein wort fällt schwer genug
um die stille zu zerbrechen
gras fließt wie wasser
durch die finger der zeit
wir bleiben nur
um nichts zu verlieren

~*~

© Anne Seltmann


 







Anne Seltmann 31.07.2025, 05.56 | (3/3) Kommentare (RSS) | TB | PL

Maritimer Mittwoch N° 233







Manche Boote haben Geschichten in ihren Planken, die kein neues Schiff je tragen könnte. Wenn ich an den Kais entlangspaziere und ein altes Fischerboot entdecke, halb von Salz und Wind zerfressen, zieht es mich magisch an. Da sind diese Risse im Holz, die Spuren von unzähligen Tagen auf dem Wasser, die blinden Fenster der Kajüte, die einst dem Horizont entgegengeblickt haben. Manchmal duftet das Holz noch nach Meer, manchmal nach vergangener Arbeit und altem Diesel.

Ich weiß, sie werden zerfallen, vielleicht schon morgen, vielleicht im nächsten Sturm. Und trotzdem liebe ich sie. Vielleicht gerade deswegen. Sie sind wie stille Zeugen einer Zeit, in der die Menschen mit einfacheren Mitteln fuhren, als das Meer noch nicht von GPS-Linien durchzogen war, sondern von Hoffnung, Erfahrung und Mut.

Ein marodes Boot ist für mich kein Schandfleck. Es ist ein Gedicht, das das Meer geschrieben und die Zeit langsam verwischt hat – aber nicht so sehr, dass man es nicht mehr lesen könnte.












Anne Seltmann 30.07.2025, 07.13 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Miau-velous Moments N° 35




N° 35 






Es war eine kleine orange gestromte Katze, die jeden Tag denselben Platz wählte – das Fensterbrett im Wohnzimmer, direkt mit Blick auf die Straße. Schon lange bevor ihre Besitzerin von der Arbeit heimkam, saß sie dort, die Pfoten ordentlich unter dem Bauch gefaltet, den Schwanz wie eine Kommapause um sich geschlungen.

Die Nachbarn wussten längst Bescheid. Wer an dem Haus vorbeiging, sah das stille Ritual: die Katze reglos, nur die Ohren zuckten manchmal, wenn ein Auto kam oder Schritte näherkamen. Doch erst, wenn ein bestimmtes Lächeln hinter der Haustür auftauchte, veränderte sich etwas. Dann sprang sie wie ein kleines Feuerwerk vom Fensterbrett, lief zur Tür und begrüßte ihren Menschen mit einem freudigen Mauzen, das klang, als würde die ganze Wohnung atmen vor Glück.


Dies ist ein wahre Geschichte!









30.07.2025, 06.37 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Drabble 2025 N° 23



Wortvorgaben für das 100 Wörter-Drabble:

 

Lanze + erwidern + streng

 


[Bild KI generiert / Text ©  Anne Seltmann]


Die Sonne sank blutrot hinter den Hügeln, als sie ihm gegenübertrat. In ihrer Hand glänzte die Lanze, nicht erhoben, nur bereit. "Sag etwas", flehte er, die Stimme bebend wie ein verletztes Tier. Doch sie schwieg, die Augen streng auf ihn gerichtet, als könnte ein falsches Wort die Welt zerreißen. Er wagte zu erwidern, dass er nicht zum Kampf gekommen sei, sondern um Frieden zu bitten, dass sein Herz schwerer sei als jede Rüstung. Für einen Atemzug stand alles still, selbst der Wind hielt den Atem an. Dann senkte sie langsam die Waffe, und der Abend atmete gemeinsam mit ihnen auf.






Anne Seltmann 29.07.2025, 16.06 | (4/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Die Löwenmäulchen meiner Mutter





Die Löwenmäulchen standen damals im Garten meiner Mutter, (es waren ihre Lieblingsblumen)  nicht laut, nicht prahlend, sondern wie stille Begleiterinnen eines sanften Lebens. Sie neigten ihre Köpfe, wenn der Wind vorbeizog, als wollten sie ein altes Geheimnis bewahren. Meine Mutter pflückte sie nicht oft, sie ließ sie lieber blühen, damit ihre Farben leise von der Zeit erzählen konnten—von Tagen voller Sonne und Nächten voller Sterne.

Manchmal, wenn die Welt zu laut wurde, ging sie hinaus, legte die Hand sanft auf die Blüten und spürte, wie eine leise Melodie ihr Herz füllte. Eine Melodie von Erinnerung und Liebe, die auch heute noch in den Löwenmäulchen weiterklingt—ein Flüstern, das mir zuflüstert, dass jene zarten Blüten mehr sind als nur Blumen. Sie sind die Seele eines stillen Morgens, eines unvergesslichen Moments, der niemals vergeht.


die löwenmäulchem meiner mutter
standen nie laut im raum
sie waren ein leises leuchten
eine sprache ohne biss
nur ein atemzug in rosa und weiß

 

ihre stängel hielten das licht
als wüssten sie wie zerbrechlich
zeit in händen wird
wie sehr man etwas festhalten möchte
das längst anfängt zu gehen

 

ein sommer lag darin
und eine stille die nicht schmerzte
nur den himmel bat
bleib noch
bleib noch ein bisschen länger

~*~

© Anne Seltmann

 




Anne Seltmann 29.07.2025, 14.24 | (3/1) Kommentare (RSS) | TB | PL

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