Tag: Melbourne

Die Geschichte der Chrysantheme beginnt im alten China, vor über zweitausend Jahren. Dort galt sie nicht nur als Blume, sondern als Symbol für ein ganzes Lebensgefühl. Eine Legende erzählt von einem Kaiser, der von der Blume hörte, deren Saft Unsterblichkeit schenken sollte. Er sandte junge Männer und Frauen über das Meer, um sie zu finden. Sie kamen nie zurück – man sagt, sie seien auf einer Insel gestrandet und hätten dort das Land gegründet, das später Japan wurde.
In Japan wurde die Chrysantheme zur kaiserlichen Blume. Ihr Blütenmuster ziert noch heute das Wappen und den Thron, die "Chrysanthemenkrone". Sie steht für Reinheit, Beständigkeit und das stille Glück eines langen Lebens. Jedes Jahr im Herbst wird das "Kiku Matsuri" gefeiert, ein Fest zu Ehren dieser Blume, bei dem unzählige Chrysanthemen in kunstvollen Formen gezeigt werden – wie Tempel, Tiere oder Wellen.
In Europa kam sie erst im 17. Jahrhundert an, über Handelsrouten aus Asien. Zuerst galt sie als exotische Kostbarkeit, dann als Friedhofsblume. Ihr Anblick wurde hier zu einem Symbol des Gedenkens, des stillen Abschieds. So trägt sie zwei Bedeutungen in sich: im Osten das Leben, im Westen den Tod.
Eine Blume also, die über Jahrhunderte reist, Bedeutungen verändert und dennoch bleibt, was sie ist – schön in der Kälte des Herbstes, wenn alles andere schon vergeht.
Anne Seltmann 31.10.2025, 05.16 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Astern sind die späten Sterne des Gartens – und ihr Name verrät es schon: Er stammt vom griechischen Wort "aster", das schlicht "Stern" bedeutet. Ursprünglich kommen sie aus Nordamerika, einige Arten auch aus Europa und Asien. Dort wachsen sie wild auf Wiesen, an Waldrändern oder in Gebirgsregionen, wo sie Sonne und frische Luft lieben.
Im Laufe der Zeit fanden sie ihren Weg in unsere Gärten und wurden zu Symbolen des Spätsommers. Wenn die Sonne schon tiefer steht und die Tage leiser werden, öffnen sie ihre sternförmigen Blüten in Violett, Blau, Rosa oder Weiß – als wollten sie sagen: Noch ist das Jahr nicht vorbei. Bienen und Schmetterlinge schätzen sie als letzte, leuchtende Einladung, bevor der Herbst kommt.
Astern tragen etwas Tröstliches in sich – sie zeigen, dass das Ende einer Jahreszeit kein Verblassen sein muss, sondern ein Aufleuchten. Ein letzter Gruß des Sommers, der noch einmal alles gibt.


Anne Seltmann 17.10.2025, 06.52 | (0/0) Kommentare | TB | PL


verblühen heißt
nicht enden,
nur weniger werden.
staub hängt noch in der luft
wo gestern farbe war.
der stiel erinnert sich an grün,
die erde an das wort: halten.
ein wind streicht vorbei,
nimmt namen mit.
wer warst du,
sagt der tag zur blume,
und niemand antwortet.
zwischen den blättern
ein flirren von noch,
von fast,
von gleich.
manchmal
riecht die zeit nach dir,
nach diesem moment
bevor alles fälltAnne Seltmann 10.10.2025, 06.06 | (0/0) Kommentare | TB | PL



Anne Seltmann 26.09.2025, 05.44 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Chrysanthemen sind wie kleine Sonnen, die den Herbst noch einmal hell erstrahlen lassen. Ihre Blüten können schlicht und zart sein oder dicht gefüllt wie kleine Bälle, und sie zeigen sich in allen Farben – von strahlendem Weiß über warmes Gelb und Orange bis hin zu kräftigem Rot und Violett. Sie wirken, als würden sie trotz der kühlen Tage die Wärme festhalten und in die Welt hinaustragen.
Oft stehen sie in großen Büscheln, sodass sie fast wie lebendige Teppiche aussehen. Ihr Anblick hat etwas Feierliches, fast Würdevolles, und gleichzeitig Fröhliches, weil sie Farbe in die dunkler werdende Jahreszeit bringen. Sie sind Blumen, die zeigen: Der Herbst ist nicht nur Abschied, er ist auch ein Leuchten.
Anne Seltmann 19.09.2025, 07.14 | (0/0) Kommentare | TB | PL



Anne Seltmann 05.09.2025, 06.17 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL

Neulich in meinem Lieblingsgartencenter trat ich durch die Tür und sofort schlug mir ein Duft entgegen, als hätte jemand Sommer und Herbst in einen Atemzug gelegt. Ich blieb stehen, denn vor mir schimmerte ein Blütenmeer, das nicht von dieser Welt zu sein schien.
Die Rosen reckten ihre Hälse, als wollten sie mir zuwinken. Eine besonders stolze, tiefrote Rose flüsterte: „Sieh her, wir sind die Erinnerung an jedes Herzklopfen, das du je gespürt hast.“ Die zarten Roséfarben daneben kicherten, als wollten sie Geheimnisse weiterreichen, die nur zwischen Blütenblättern sicher aufgehoben sind.
Die Dahlien wirkten wie launige Tänzerinnen. „Wir sind das Feuerwerk des Gartens“, rief eine rote, während ihre Blütenblätter wie kleine Flammen leuchteten. „Wenn du uns ansiehst, musst du lachen, auch wenn der Himmel grau ist.“
Und dann die Chrysanthemen, unzählige kleine in hellem Rot. Sie summten miteinander wie ein Chor: „Wir sind die Wächterinnen des Übergangs, wir tragen dich vom Sommer in den Herbst, ohne dass du es merkst.“
Ich blieb mitten zwischen ihnen stehen, lauschte und lächelte. Das Gärtencenter war längst kein Verkaufsraum mehr, sondern ein Garten voller Stimmen, Geschichten und Lieder. Für einen Moment war ich Teil davon – und ich wusste, dass ich, wenn ich nach Hause ginge, mindestens eine dieser Stimmen mitnehmen musste.
Anne Seltmann 29.08.2025, 07.32 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Die Gerbera, wie wir sie heute kennen, wurde im 19. Jahrhundert in Südafrika entdeckt. Ein schottischer Botaniker namens Robert Jameson fand 1884 in der Nähe von Barberton eine auffällig strahlende Wildblume, die von den Einheimischen wegen ihrer leuchtenden Farben geschätzt wurde. Sie wirkte wie eine Sonne auf einem Stiel, und die Legende vor Ort besagte, dass die Blume aus dem Lächeln eines Mädchens entstand, das alle im Dorf glücklich machte. Als das Mädchen starb, soll an ihrer Grabstelle diese Blume gewachsen sein, die fortan das Licht und die Freude ihres Wesens in die Welt trug.
Später brachten Botaniker die Gerbera nach Europa, wo sie in England und den Niederlanden gezüchtet wurde. Heute ist sie eine der beliebtesten Schnittblumen weltweit – nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch, weil sie in der Blumensprache für Aufrichtigkeit, Wertschätzung und Lebensfreude steht.


Anne Seltmann 08.08.2025, 07.14 | (0/0) Kommentare | TB | PL


Heute schenke ich mir Löwenmäulchen
weil etwas in mir
nach sanfter Farbe ruft
die Stiele tragen
ein Gewicht aus nichts
nur Atem und Regenreste
ein paar Blüten
sehen mich an
als wüssten sie mehr
von all den Stunden
die ich nicht benennen kann
ich stelle sie ins Fenster
und warte
bis das Licht
ihnen und mir
denselben Frieden schenkt



Anne Seltmann 01.08.2025, 10.28 | (0/0) Kommentare | TB | PL


nichts ist gelb
es ist nur eine art
zu leuchten
der stiel grün
von schwerkraft
als wüchse er immerzu
zu jemandem hin
eine mitte,
so groß
dass sich bienen verlieren
wie erinnerungen
im wendekreis
du nennst es
blühen
ich nenne es
sich zeigen
bis zur erschöpfung
manchmal
steht eine allein
am wegrand
und ist doch
eine ganze
sonne
~*~
© Anne Seltmann


Anne Seltmann 18.07.2025, 06.01 | (0/0) Kommentare | TB | PL