Tag: Ich seh rot 2018

Der Weihnachtsstern trägt einen Namen, der fast so zart und poetisch klingt wie sein Erscheinungsbild: Poinsettia. Dieser Name stammt vom amerikanischen Botaniker Joel Roberts Poinsett, der die Pflanze im 19. Jahrhundert aus Mexiko mitbrachte, wo sie schon damals als Symbol für Erneuerung und Licht galt. Dort nennt man sie "Flor de Nochebuena", Blume der Heiligen Nacht. Schon diese Herkunft lässt erahnen, dass der Weihnachtsstern weit mehr ist als nur ein dekoratives Wintergewächs.
Sein leuchtendes Rot ist das erste, was ins Auge fällt. Doch viele wissen nicht, dass es sich dabei gar nicht um Blüten handelt, sondern um farbige Hochblätter, die wie ein natürlicher Rahmen wirken. In ihrer Mitte sitzen die kleinen, unscheinbaren Blüten, die das ganze Erscheinungsbild noch geheimnisvoller machen. Die Poinsettia scheint in sich selbst zu strahlen und bringt selbst in dunklen Dezembertagen ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit in jeden Raum. Ich selbst habe wenig Glück mit ihm, schaue ihn mir aber gerne an. Allerdings lieber ohne den ganzen Glitzerkram!
Anne Seltmann 02.12.2025, 06.12 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Im Botanischen Garten in Kiel standen während des Skulpturensommers die Figuren von Philine Fahl. Viele Besucherinnen und Besucher blieben damals neugierig stehen, denn diese Skulpturen wirken auf den ersten Blick ungewöhnlich, aber zugleich sehr zugänglich. * Philine Fahl ist in Kiel aufgewachsen und lebt heute in Köln, und ihre Arbeiten sind stark von ihrem typischen, wiedererkennbaren Stil geprägt.

Ihre Figuren sind rundlich und bewusst reduziert gestaltet. Die Körper sind kompakt, die Köpfe schlicht, oft eiförmig, und die Gesichter bestehen meist nur aus wenigen Linien. Diese Vereinfachung gibt den Skulpturen eine eigene Ausdruckskraft. Sie wirken freundlich, manchmal ein wenig verschmitzt, und strahlen eine entspannte Ruhe aus.

Im Botanischen Garten fügte sich diese Art von Figur sehr gut in die Umgebung ein. Zwischen den Pflanzen und Wegen standen sie wie Besucher, die eine Pause eingelegt hatten. Sie drängten sich nicht auf, sondern waren angenehme Begleiter im Grünen. Die klare Formensprache, kombiniert mit einer leichten Portion Humor, machte sie zu echten Blickfängen, ohne laut oder aufdringlich zu sein.
So wurde der Garten für eine Weile zu einem Ort, an dem Kunst und Natur unkompliziert nebeneinander standen – und die Figuren von Philine Fahl hatten daran großen Anteil.
[* Namensnnenung...unbeauftragt und unbezahlt !]
Juttas...
Anne Seltmann 02.12.2025, 05.59 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Der rote Ahorn ist eine dieser Pflanzen, die schon beim ersten Blick eine kleine Geschichte erzählen. Er wirkt wie ein stiller Protagonist in einem Garten oder Park, elegant, aber nie aufdringlich. Seine filigranen, tief eingeschnittenen Blätter leuchten im Frühjahr in sattem Rot, im Sommer changieren sie je nach Sorte zwischen Purpur, Scharlach und dunklem Weinrot, und im Herbst brennen sie in warmen Orange- und Feuerrot-Tönen. Diese Farbverläufe machen ihn zu einem der faszinierendsten Bäume für Liebhaber*innen poetischer Naturmomente.
Der rote Ahorn ist nicht nur optisch beeindruckend, sondern auch ein Symbol für Beständigkeit und Ruhe. Seine Wuchsform wirkt oft wie ein natürliches Kunstwerk, eine Mischung aus Leichtigkeit und Struktur. Er wächst eher langsam, was ihm eine besondere Wertschätzung verleiht, denn seine Schönheit entfaltet sich mit der Zeit. Gerade deshalb fügt er sich harmonisch in Gärten ein, die nicht laut, sondern stilvoll wirken möchten.
Besonders spannend ist der rote Ahorn im Zusammenspiel mit Licht. Je nach Tageszeit verändert sich seine Ausstrahlung. Morgens erscheint er zart und fast transluzent, während er in der Abendsonne wie ein Farbfeuer lodert. Regentropfen auf den Blättern glitzern wie Kristalle, und im Wind raschelt er so leise, als würde er Geschichten aus japanischen Gärten zuflüstern.
Der rote Ahorn ist aber nicht nur ein ästhetisches Highlight. Er bietet Lebensraum für Insekten und bringt mit seinem Laub wertvollen Humus in den Boden. Gleichzeitig ist er erstaunlich pflegeleicht. Ein heller Standort, etwas Schutz vor der heißen Mittagssonne und Erde, die nicht zu kalkhaltig ist, reichen meist aus, damit er sich wohlfühlt. Wer ihn einmal gepflanzt hat, möchte ihn selten wieder missen.
Vielleicht ist es genau diese Mischung aus Eleganz, Naturpoesie und Ruhe, die den roten Ahorn so besonders macht. Er braucht nicht viel, um Eindruck zu hinterlassen. Er wirkt für sich allein, verwandelt jeden Garten in eine kleine Bühne und zeigt, wie beeindruckend die Natur sein kann, wenn man ihr Raum gibt.
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25.11.2025, 05.30 | (0/0) Kommentare | TB | PL

In katholischen Kirchen begegnet man oft einem kleinen metallenen Gefäß, das an einer Kette hängt – dem Weihwasserkessel. Er enthält das geweihte Wasser, das der Priester mit einem Aspergill, einer Art Sprengwedel, über Menschen oder Gegenstände verteilt.
Das Besprengen mit Weihwasser ist ein uraltes Symbol der Reinigung und des Segens. Wasser steht dabei für Leben, Erneuerung und Schutz. Wenn der Priester Weihwasser versprengt, soll es an die Taufe erinnern und zugleich die Gegenwart Gottes ins Alltägliche holen – ob zu Beginn eines Gottesdienstes, bei einer Haussegnung oder an hohen Feiertagen.
So verbindet dieser einfache Ritus das Sichtbare mit dem Geistigen: ein Tropfen Wasser, der segnet, schützt und erinnert.
Diesen habe ich im Kloster Ettal entdeckt.
Juttas...

Anne Seltmann 04.11.2025, 07.48 | (0/0) Kommentare | TB | PL

Jüngst in unserem Urlaub in Murnau
Im Schlossmuseum Murnau gab es eine originelle Mitmach-Idee: Man konnte sich einen Hut aufsetzen und ein Selfie vor einem Gemälde machen. Leider kann ich das Bild im Hintergrund selbst nicht mehr genau zuordnen, da in der Ausstellung Werke von Gabriele Münter, Olga Meerson, Alexej von Jawlensky (ein mir völlig unbekannter Künstler), Marianne von Werefkin, Franz Marc, August Macke und vielen anderen zu sehen waren. Bilder von Wassily Kandinsky gab es ebenfalls in der Ausstellung: Kandinskys frühe Arbeiten haben mich überrascht – sie unterscheiden sich deutlich von seinem späteren, abstrakten Stil, der mir sehr gut gefällt!

Meine Vermutung geht allerdings dahin, dass das Bild von Gabriele Münter stammt, da es sehr ihrem Ausdruck und ihrer Farbgebung entsprach.
Das Schlossmuseum Murnau selbst ist ein Ort, an dem Geschichte lebendig wird. In den historischen Räumen begegnen sich regionale Tradition, die leuchtenden Farben des Blauen Landes und die visionäre Kunst des "Blauen Reiters". Es vereint Vergangenheit und Moderne auf ganz besondere Weise und spiegelt das unverwechselbare Lebensgefühl Murnaus wider – kunstvoll, authentisch und voller Atmosphäre.
Anne Seltmann 28.10.2025, 08.51 | (1/1) Kommentare (RSS) | TB | PL


licht kippt.
haut aus staub, mund aus echo
die bühne atmet – zögernd, dann zu viel
eine stimme fällt
zwischen zwei sätzen.
niemand hebt sie auf
im publikum: augen, die nicht wissen
wem sie gehören
textfetzen wie nägel im holz,
schmerzhaft ordentlich
wer spielt hier wen
licht wieder an.
alles bleibt gestellt
niemand geht
niemand bleibt
~*~
© Anne Seltmann

Anne Seltmann 14.10.2025, 06.20 | (0/0) Kommentare | TB | PL


asphalt, noch warm vom tag.
linien ziehen ordnung in das atmen,
rechtecke, gezähmte flächen,
kein ort, nur funktion.
stille tropft aus den stoßstangen,
irgendwo blinkt ein rest von gestern.
hier steht alles still,
doch nichts bleibt.
zeit hält an,
in parkposition.
und irgendwo im lack
spiegelt sich das warten
wie ein versprechen,
das keiner einlöst.
Anne Seltmann 07.10.2025, 07.47 | (2/0) Kommentare (RSS) | TB | PL

Anne Seltmann 30.09.2025, 07.55 | (1/0) Kommentare (RSS) | TB | PL


theater
der vorhang zittert
als wüsste er mehr als wir
ein raum hält den atem an
stühle, augen, herzen
alles gespannt auf das erste wort
das erste licht
die erste geste
noch ist nichts geschehen
doch schon liegt es in der luft
wie ein versprechen
oder ein geheimnis,
das gleich seine form sucht
theater beginnt
lange bevor es beginnt
~*~
© Anne Seltmann

Anne Seltmann 23.09.2025, 14.20 | (2/1) Kommentare (RSS) | TB | PL


Theater ist Maske und Wahrheit zugleich,
ein Fieber im Licht,
ein Traum, der den Augenblick verzehrt
und doch genährt wird vom Beifall.
Es ist das Lachen des Künstlers,
dass die Träne verschluckt,
der Held, der stark sein muss,
auch wenn ihm das Zittern die Knie nimmt.
Theater ist Beginn und Ende,
Sehnsucht und Rausch,
ein Leben, das gespielt wird,
und gerade darin
wirklicher ist als die Welt dahinter.
~*~
© Anne Seltmann

Anne Seltmann 09.09.2025, 06.35 | (2/2) Kommentare (RSS) | TB | PL