Ausgewählter Beitrag
Ärzte warnen
vor aggressiver
Virus-Epidemie
Die Zahl der Noroviren-Infektionen
steigt sprunghaft an,
vor allem in NRW. In Düsseldorfer
Kliniken werden
Kinder eingeliefert, um sie
vor Austrocknen zu schützen.
VON ANTJE HÖNING
DÜSSELDORF Deutschland steht
möglicherweise eine neue Noroviren-
Epidemie bevor, warnt das
Robert-Koch-Institut (RKI). Noroviren
sind hochinfektiös. Sie können
schwallartiges Erbrechen sowie
heftige Durchfälle auslösen.
Laut RKI verdreifachte sich die
Zahl der Infektionen in den vergangenen
drei Wochen auf 1300.
In NRW verfünffachte sich die
Zahl gar. „Die Dunkelziffer ist sehr
viel höher, da längst nicht immer
eine Stuhlprobe untersucht wird“,
sagte RKI-Experte Klaus Stark unserer
Zeitung. „Wir gehen davon
aus, dass die Zahl der Noroviren-
Infektionen zehn bis zwanzig Mal
höher ist als gemeldet.“
Betroffen sind vor allem ältere
Menschen und Kinder. Besonders
gern verbreitet sich das Virus in
Kindergärten, Schulen, Altenheimen
und Krankenhäusern. Die
Ansteckung erfolgt über Tröpfchen-
oder Schmierinfektionen.
„Ein Mittel gegen das Virus
selbst gibt es nicht. Man kann nur
die Symptome behandeln“, sagt
Thomas Fischbach, Kinder- und
Jugendarzt aus Solingen und zugleich
Landesvorsitzender seines
Berufsverbands. Am wichtigsten
sei es, den Flüssigkeitsverlust auszugleichen,
am besten durch die
Gabe von Elektrolytlösungen. In
der Regel gelingt das. „Wenn nicht,
müssen die Kinder in die Klinik
eingewiesen und über den Tropf
versorgt werden“, erläutert Fischbach.
Und auch diese Fälle nehmen
zu. Das Evangelische Krankenhaus
Düsseldorf hat verstärkt Kinder
mit Noroviren-Infektionen
aufgenommen, die vom Austrocknen
bedroht sind und daher an
den Tropf müssen, erklärte eine
Sprecherin. Die Uniklinik Düsseldorf
musste mehrere Kinder auf
den Stationen isolieren und hat
alle betroffenen Stationsmitarbeiter
zu speziellen Desinfektionsmaßnahmen
aufgerufen.
Wie kommt es zu Epidemien?
„Das Norovirus ist das ganze Jahr
über aktiv. Auch zur Fußball-WM
hatten wir mal einen kleinen Ausbruch
an Infektionen“, sagt Stark.
Oft dringen im Herbst neue Virusstämme
nach Deutschland ein.
Zudem leben die Menschen im
Winter enger zusammen. Das erleichtere
die Ausbreitung.
Was tun, wenn das Norovirus
auftritt? Das Robert-Koch-Institut
empfiehlt zur Eindämmung der
Krankheit einen Katalog von Maßnahmen:
Die Patienten sollen in
einem eigenen Zimmer isoliert
werden. Sie und ihre Kontaktpersonen
sollten sich regelmäßig die
Hände desinfizieren. Eltern, die
etwa das Erbrochene ihrer Kinder
beseitigen, sollten einen Mundschutz
anlegen. Bett- und Unterwäsche
sollten chemisch gereinigt
werden. Zur Reinigung des Geschirrs
reicht die Spülmaschine.
LEITARTIKEL SEITE A 2
INFO
Ist man immun, wenn einen der
Norovirus einmal erwischt hat?
„Wer erkrankt war, hat in diesem
Winter Ruhe vor einer erneuten
Infektion mit diesem Virus“, sagt
Kinderarzt Thomas Fischbach. Jedoch
halte die Immunität nicht
Jahre lang, zumal sich immer
neue Virenstämme bilden.
Nur kurze Immunität
Anne Seltmann 06.12.2006, 20.50
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